Das Glashaus schützt Palme und Mensch

Globus Titelseite

Von Wolfgang Moser – Globus, Ausgabe Nr. 37, März – April 07, Graz

Den jungen Sudanesen Hamza kennen wir bereits aus Tarek Eltayebs erstem Roman „Städte ohne Dattelpalmen“. Aus einem Dorf am kargen Rand der tödlich wachsenden Wüste muss er in den Norden, in die nächste Stadt, in die Hauptstadt, dann nach Ägypten und schließlich nach Europa fliehen und lernt dabei Einsamkeit, falsche Freunde und soziale Abgründe kennen.

Seit einigen Jahren lebt er nun als Kolporteur der Kronen-Zeitung in Wien. Der einzige Freund ist seine Katze - bis er Sandra begegnet, die ihm eine völlig neue Welt eröffnet: Sie zeigt ihm das Palmenhaus, das für ihn zum Ort der Geborgenheit und der Wärme wird. Hier kann er seinen Erinnerungen und Träumen nachhängen.

Nicht nur Hamza lebt in mehr als einer Kultur, auch das Buch ist vielschichtig. Die gegenwärtige und von seiner Liebe zu Sandra geprägte Handlungsebene wird im Präsens erzählt, dazwischen erinnert er sich an seine zweite Reise nach Europa, von den Gräbern seiner Familie über eine Zwangsrekrutierung im sudanesischen Bürgerkrieg bis in jene Stadt, deren Namen er aus einem populären arabischen Lied kennt: „Wien ist ein Garten im Paradies!” Die Erzählstränge der Gegenwart und der Vergangenheit, die in ihrer Stimmung oft gegengleich verlaufen, kreuzen sich im Buch an kleinen Zeichnungen einer Dattelpalme. Die Palme im Schönbrunner Glashaus ist oft Auslöser für zeitlose Träume, Tore zu Hamzas poetischer Gedankenwelt und zu seiner prophetischen Phantasie. Auch Eltayebs selbst gestaltete Illustrationen am Buchumschlag und an den Kapitelanfängen zeigen die drei bestimmenden Elemente des Buches: Palmen, Häuser und Menschen.

Der Autor Tarek Eltayeb (www.eltayeb.at) wurde 1959 als Sohn sudanesischer Eltern in Kairo geboren und lebt seit 1984 in Wien, wo er als Zeitungskolporteur, Prospektverteiler, Tellerwäscher, Sprachlehrer, später auch als Übersetzer und Dolmetscher arbeitete und Wirtschaftswissenschaften studierte. Die schriftstellerische Tätigkeit in arabischer Sprache begann er ein Jahr nach seiner Ankunft in Österreich. Er arbeitet als Fachhochschulprofessor in Krems.

„Das Palmenhaus“ ist ein beeindruckendes, abwechslungsreiches und spannendes Buch über ein Leben im Sudan, die lange Reise in den Norden und ein Außenseiterdasein in Wien. Die Innensicht eines Migranten spart nicht mit Kritik an Fremdenfeindlichkeit, Rechtlosigkeit und Ausbeutung.